Spielkultur: ESA will Cracks verhindern, die Spiele mit abgeschalteten Servern für akademische Zwecke und Museen erhalten könnten

Spielkultur
10.04.2015 11:13, Benjamin Schmädig

Spielkultur: ESA will Cracks verhindern, die Spiele mit abgeschalteten Servern für akademische Zwecke und Museen erhalten könnten

Soll das Cracken von Videospielen in Ausnahmefällen zulässig sein, wenn Teile oder ganze Spiele aufgrund abgeschalteter Onlinedienste auf herkömmlichen Weg nicht mehr verfügbar sind? Diese Frage muss das US Copyright Office, eine Institution für Fragen des Urheberrechts klären.

Anlass der Diskussion ist ein Antrag der Electronic Frontier Foundation (EFF), die vor einigen Monaten darum gebeten hatte , das Ändern des Programmcodes von Videospielen zu erlauben, damit diese trotz vom Hersteller abgeschalteter Server für akademische Zwecke oder in Ausstellungen spielbar seien. Daraufhin hat die Entertainment Software Association (ESA) das Copyright Office in einem ausführlichen Schreiben darum gebeten, dem Antrag nicht stattzugeben. Sie argumentiert, dass die Gefahr des Erstellens, der Verbreitung und der Nutzung von Raubkopien durch Änderungen des Programmcodes deutlich größer sei als etwaige Einschränkungen bei der regulären Verwendung eines Spiels.

Die ESA stützt sich dabei auf eine ältere Entscheidung des Office aus dem Jahr 2012, die das "Jailbreaking" von Konsolen als grundsätzlich rechtswidrig erklärt. Immerhin müsste auch für das aktuelle Anliegen der EFF die Firmware einer Konsole verändert werden, um nicht mehr lauffähige Software spielbar zu machen. Dies könne jedoch dazu führen, das mehr als nur Ausstellungsstücke auf entsprechend veränderten Konsolen verbreitet würden.

Nintendo-Programmierer Dylon Rhoads beschreibt in einer Anlage, dass praktisch alle ihm bekannten Firmware-Hacks Anwendungen enthalten, die das Nutzen schwarzkopierter Inhalte erlauben.

Die EFF habe zudem nicht hinreichend erläutert, wann Eingriffe in den Programmcode harmlos seien. Sie habe zudem lediglich Einzelfälle geschildert, in denen Kopierschutzmaßnahmen einschränkend seien - ein erheblicher allgemeiner Schaden lasse sich daraus nicht ableiten. Für eine Ausnahmregel fehle daher die Grundlage.

In einer öffentlichen Erklärung äußert sich die EFF schließlich zu den Einwänden der ESA und besteht darauf, dass das Hacken von Software in den meisten Fällen grundsätzlich legal sei. Die meisten Programmierer bei Sony, Microsoft, EA, Nintendo und anderen Herstellern hätten ihr Handwerk vermutlich gelernt, indem sie mit Software experimentiert haben. "Wenn 'hacken' [...] tatsächlich verboten wäre, würde es die Spieleindustrie vermutlich gar nicht geben", heißt es in der Erklärung.

Die ESA würde jedes Umgehen eines Kopierschutzes verhindern wollen, unabhängig davon, wie wichtig oder eingeschränkt solche Maßnahmen wären. "Spiele, die von ihren Herstellern fallen gelassen wurden, gehören zu einer Schwachstelle, mit der Section 1201 [Teil des Digital Millennium Copyright Act , Anm. d. Red.] auf empfindliche Weise wichtige, legale Handlungen unterbindet - darunter das fortlaufende Spielen von Spielen, die man bereits besitzt. Sie stellt außerdem ein ernsthaftes Problem für Sammlungen wie das Internet Archive, Museen wie Kaliforniens Museum of Art and Digital Entertainment in Oakland sowie Wissenschaftler dar, die Videospiele als kulturelles und historisches Medium studieren. Dank des Herunterfahrens von Servern und rechtlicher Unsicherheit durch Section 1201 könnten ihre Studienobjekte und Exponate schon innerhalb eines Jahres zu dem werden, was einem Papierknäuel entspricht."

Mit der ESA und der EFF stehen sich die US-amerikanische Organisation für die Belange der Spielehersteller und eine Stiftung gegenüber, die sich für  "Bürgerrechte in der digitalen Welt" stark macht.