EU-Urheberrechtsreform: EU-Richtline und Upload-Filter endgültig beschlossen

EU-Urheberrechtsreform
15.04.2019 14:32, Jan Wöbbeking

EU-Urheberrechtsreform: EU-Richtline und Upload-Filter endgültig beschlossen

Die Reform ist durch: Wie Golem.de berichtet, hat die umstrittene EU-Urheberrechtsrichtlinie (wir berichteten) ihre letzte Hürde genommen. Die Bundesregierung stimmte demnach unter Abgabe einer Protokollerklärung zu, in der sie u.a. Open-Source-Lösungen für Uploadfilter fordert, die es eigentlich nicht geben soll. Heute stimmten die EU-Mitgliedsstaaten mehrheitlich für den im Februar entwickelten Kompromiss.

Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Finnland und Schweden stimmten wie angekündigt gegen die Reform; Belgien, Estland und Slowenien enthielten sich. Deutschland sei praktisch das Zünglein an der Waage gewesen: Hätte das Land nicht für die Reform gestimmt, wäre die erforderliche Mehrheit von 65 Prozent der Bevölkerung nicht erzielt worden.

Die deutsche Bundesregierung betone bei der internen Formulierung ihrer Protokollerklärung, dass "Uploadfilter nach Möglichkeit zu verhindern" seien. Des Weiteren wolle die Regierung klarstellen, dass "Dienste wie Wikipedia, Hochschul-Repositorien, Blogs und Foren, Software-Plattformen wie Github, Special-Interest-Angebote ohne Bezüge zur Kreativwirtschaft, Messengerdienste wie WhatsApp, Verkaufsportale oder Cloud-Dienste nicht zu Plattformen im Sinne des Artikels 17 gehören". Das IT-Magazin ergänzt allerdings, dass diese Erklärung von deutscher Seite bei der Umsetzung des Gesetzes rechtlich nicht bindend sei.

In den Erläuterungen zur Geschäftsordnung des Europäischen Rates (PDF ) heiße es dazu, solche Erklärungen könnten "Tragweite und die Wirkung eines Rechtsakts, die ausschließlich durch den Inhalt des Rechtsakts selbst bestimmt werden, nicht einschränken; Protokollerklärungen können nur dazu dienen, eine Auslegung zu bestätigen, die sich aus dem Wortlaut des Rechtsakts selbst ergibt." Zu einer ähnlichen Einschätzung komme auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, der in einer 24-seitigen Ausarbeitung aus dem Jahr 2016 (PDF ) u.a. auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 1985 verweist.

Kritiker der Initiative Savetheinternet.info beklagen in einer Pressemitteilung, dass der EU-Ministerrat die Bedenken von mehr als fünf Millionen Bürgern und unzähliger Fachpersonen ignoriert habe, statt ein für alle faires Urheberrecht zu erarbeiten. Kampagnen- und Projektleiter der weltweit größten Petition auf der Kampagnenplattform Change.org, Pascal Fouquet, kommentiert das Ergebnis:

“'Von dieser Reform profitieren nur Großkonzerne und Rechteverwerter, der einzelne Kreativschaffende, aber vor allem auch der Bürger, bleibt dabei auf der Strecke. (...) Die Reform wird Auswirkungen über das Internet hinaus haben und die Verabschiedung wird die Politik- und Europaverdrossenheit einer ganzen Wählergeneration unnötig befeuern.' Die Bürgerrechtsinitiative savetheinternet.info , mit seinen Tausenden ehrenamtlichen Helfern, hat im Juni letzten Jahres die mit aktuell 5.266.568 Unterzeichnern bisher größte europäische Petition gestartet und damit eine erste Abstimmung im EU-Parlament Anfang Juli 2018 zu Gunsten der Zivilgesellschaft mitentscheiden können. Gegen die Reform haben sich nicht nur Internetgrößen wie Vincent Cerf, der “Vater des Internets”, Tim Berners Lee, der Erfinder des www und Jimmy Wales, Gründer von Wikipedia, ausgesprochen. Daneben äußerten sich der UN-Sonderberichterstatter für den Schutz der Meinungsfreiheit David Kaye sowie Musiker wie Wyclef Sean ebenfalls kritisch. Ihren Höhepunkt fand die Onlinekampagne am 23. März mit über 200.000 Demonstranten in Deutschland und über 100 Demonstrationen auf den Straßen Europas."

Die Verwertungsgesellschaft (VG) Media, die in Deutschland mit der Durchsetzung des Leistungsschutzrechts gescheitert ist, begrüße die Reform hingegen, so Golem:

"'Dies ist ein guter Tag für die Freiheit und unsere Demokratie in Europa. Das Parlament und der Rat haben politischen Gestaltungswillen bewiesen und sich damit einer irrationalen Kampagne der Internetgiganten gegen die wichtige Reform widersetzt', sagte Geschäftsführer Markus Runde."