Gamer Girl: Ankündigung des interaktiven Films nach negativem Feedback wieder zurückgezogen
Wales Interactive hat gestern den interaktiven Film "Gamer Girl" angekündigt und mittlerweile - nach viel Kritik - sämtliche Informationen zu dem Spiel wieder gelöscht, sofern das möglich war. Vor allem der Trailer stieß auf viel Unverständnis und kann die eigentliche Botschaft von Entwickler und Publisher nicht transportieren.
Im FMV-Thriller "Gamer Girl" übernimmt man die Rolle eines Moderators einer aufstrebenden Streamerin namens Abicake99. Man darf Kommentare in ihrem Stream moderieren, gutes Benehmen belohnen, Trolle verscheuchen und irgendwie ihre virtuellen Abonnentenzahlen erhöhen. Anschließend darf man dann, warum auch immer, Entscheidungen fällen, die ihr "echtes Leben" betreffen, z.B. ob sie ans Telefon gehen oder sich von einer Freundin begleiten lassen soll. Des Weiteren soll sich im Chat eine Person mit bedrohlichen Absichten verstecken, die ebenfalls beobachtet werden muss, zumal ihre Freundin Becky vor einiger Zeit unter mysteriösen Umständen verschwand.
Der Trailer, der an günstig produzierte "Slasher-Filme" erinnert und zugleich eine Karikatur der Livestreaming-Szene sein könnte, sorgte bei vielen Nutzern für Kopfschütteln, da der Promo-Clip weibliche Streamer lächerlich machen würde - und bei heiklen Themen wie Missbrauch sowie dem problematischen Umgang mit Frauen im Internet nicht den richtigen Ton treffen würde (Beispiel #1 , Beispiel #2 , Beispiel #3 ). Zugleich wurde der Zeitpunkt der Ankündigung vor dem Hintergrund der jüngsten Welle von Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens und Missbrauchs in der Spielindustrie (wir berichteten) als unsensibel empfunden.
the official PlayStation account released a trailer for a new FMV game before quickly deleting it
i present to you: GAMER GIRL pic.twitter.com/GF477143nF
— Rod Breslau (@Slasher) July 17, 2020
Wales Interactive versuchte zunächst, das Spiel zu verteidigen, schließlich soll es die Problematik der Anonymität eines Benutzernamens in den Vordergrund rücken und eine "starke Frau" zeigen, die sich gegen die "Trolle im Chat" zur Wehr setzt. Auch der Themenkomplex "toxisches Verhalten" soll eine zentrale Rolle spielen. An dem Drehbuch war die Hauptdarstellerin Alexandra Burton beteiligt.
"Die Recherchen zu den Streaming-Inhalten von Gamer Girl dauerten vier Jahre und das Entwicklerteam von FMV Future interviewte Dutzende von weiblichen Streamern, von denen die meisten Online-Missbräuche verschiedener Art erlebt haben - einige haben ihre Erfahrungen sogar während Interviews innerhalb des Spiels mitgeteilt. Online-Missbrauch ist real und geschieht immer noch jeden Tag - Gamer Girl versucht, das Bewusstsein für dieses Thema zu schärfen", heißt es von Wales Interactive.
Online abuse is real and is still happening every day — Gamer Girl seeks to raise awareness of this issue.
— Wales Interactive (@WalesInter) July 16, 2020
Nach diesem Statement zog der Publisher allerdings die Notbremse und löschte sämtliche Informationen, Trailer und Pressematerialen von ihren eigenen Servern. Der Trailer ist allerdings noch bei manchen Seiten wie XboxViewTV verfügbar.
"Gamer Girl" sollte eigentlich im September 2020 für PC (Steam), PlayStation 4, Switch und Xbox One erscheinen. Welchen Plan das Team von Wales Interactive in Zukunft mit dem Titel verfolgen wird, bleibt abzuwarten.