Interview: NieR Replicant ver.1.22474487139...

NieR Replicant ver.1.22474487139...
21.04.2021 08:23, Matthias Schmid

Interview: NieR Replicant ver.1.22474487139...

Am Freitag erscheint NieR Replicant ver.1.22474487139... (ab 28,99€ bei kaufen) – kurz vor der Veröffentlichung konnten wir mit Serienschöpfer Yoko Taro (oben links im Bild) und Komponist Keiichi Okabe (oben rechts) zwei kurze, aber interessante Interviews führen. Director Taro ist ein Kreativkopf, der selten ein Blatt vor den Mund nimmt, dafür aber wie der NieR-Charakter Emil eine seltsame Mondmaske trägt. Okabe wiederum hat schon für Namco unter anderem Musik zur Tekken-Serie geschrieben, sich aber vor allem mit den umwerfenden Soundtracks von NieR und NieR: Automata einen Namen gemacht. Mit beiden haben wir über knappe Budgets, mutige Spielelemente oder die Fantasiesprache der NieR-Spielwelt gesprochen.

4Players: Im neuen NieR Replicant ver. 1.22474487139... wurde der jugendliche Protagonist aus dem japanischen Original übernommen. Warum dürfen die Spieler nicht auswählen - zwischen diesem und dem erwachsenen Hauptcharakter aus dem originalen West-Release?
Yoko Taro: "Wir hatten schlicht nicht genug Budget dafür. So etwas zweigleißig zu machen kostet erheblich mehr Zeit und Geld als die meisten Leute glauben. Das damals für das Original so zu handhaben war tatsächlich ein Alptraum für die Entwicklung."

4Players: Das erste NieR war nicht sofort ein Erfolg, es war sogar das letzte Spiel des Studios Cavia. Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, dass die Marke trotzdem Fahrt aufnimmt und für viele Fans zum Kult wird?
Yoko Taro: "Eigentlich war nur Automata ein großer Erfolg - ich denke also gar nicht, dass es besonders viele Fans der Serie generell gibt. Außerdem trägt diesmal, also im Remake, wieder niemand eine Augenbinde - da wird es sich bestimmt wieder nicht besonders verkaufen…"

4Players: NieR vereinte innovative unnd ungewöhnliche Elemente: Einen Text-Adventure-Teil, das maskierte Volk mit seiner eigenen Sprache, die Bullet-Hell-Bossgegner. Macht man sich da als Entwickler Sorgen, ob das alles den Leuten gefällt?
Yoko Taro: "Man kann es ohnehin nicht allen recht machen - daher entwickle ich nur Spiele, die mir geben, was ich vom Medium erwarte. Aber es ist natürlich großartig, wenn das Ergebnis dann auch anderen Leuten gefällt."

4Players: Welcher Charakter ist Ihr Liebling im ersten Teil - und warum?

Yoko Taro: "Der König von Façade und seine Braut Fyra. Die beiden sollten zunächst eigentlich Figuren sein, die man auch steuern kann - aber beim Schreiben entwickelte sich ihre Geschichte anders, so dass es nicht mehr dazu passte. Also habe ich mir ein paar Tränchen aus dem Auge gewischt und aus ihnen Nebenfiguren gemacht."

4Players: NieR Automata knüpft nur sehr lose an den ersten Teil an. Warum haben Sie sich gegen eine direkte Fortführung der Geschichte entschieden?
Yoko Taro: "Weil ich denke, dass neue Spieler genauso viel Vergnügen empfinden sollten wie Fans des ersten Teils. Schließlich zahlen ja auch beide genauso viel Geld für das Spiel."

4Players: Der Soundtrack der ersten NieR ist für mich die schönste Videospiel-Musik überhaupt (Anm. der Redaktion: Das Interview führte Matthias Schmid). Sind sie rückblickend zufrieden mit ihrer Arbeit oder gibt es etwas, das sie gerne anders gemacht hätten?Keiichi Okabe: "Dankeschön, es macht mich sehr froh, so ein Lob zu hören. Yoko-san wollte, dass in jedem Stück eine Art von Gesang vorkommt. Weil viele Leute gesungene Worte in Spielemusik aber störend für die Story-Dialoge finden, gibt es nur wenige Projekte, die sich trotzdem daran versuchen. Und selbst wenn sie es wollten, denke ich, dass sie in vielen Fällen davon entmutigt würden, dass Lieder mit Gesang viel teurer und arbeitsintensiver sind. Das erste NieR war eine neue Marke, daher hatten wir nicht gerade ein üppiges Budget - aber wir haben es so hinbekommen, dass die Gesangsaufnahmen mit unseren Mitteln noch drin waren. Das bedeutete aber auch, dass wir keinen externen Soundtechniker für die Abmischung engagieren konnten - ich musste die Stücke selbst abmischen und war ehrlich gesagt nicht besonders zufrieden mit der Qualität. Mit der neuen Version war es uns möglich, Teile der Aufnahmen und Abmischung neu zu machen - wir konnten mit renommierten Musikern und Technikern arbeiten, nun bin ich tatsächlich glücklich mit der Qualität."

4Players: Sie sagen, dass Lieder mit gesungenem Text bei storylastigen Spielen problematisch sein können. Haben Sie sich deshalb für eine Fantasiesprache entschieden, anstatt zum Beispiel Englisch oder Japanisch zu nehmen?
Keiichi Okabe: "Wir dachten, dass die vielen Dialoge der Figuren reichen und damit quasi genügend Text im Spiel ist - hätten wir auch noch aussagekräftige Texte in die Musik gepackt, wäre alles zu sehr bis ins Detail beschrieben und dem Spieler würde zu wenig Raum die eigene Interpretation gelassen. Außerdem hatten wir das Gefühl, dass es für die einzigartige Spielwelt von NieR besser ist, in der Musik keine Worte aus der echten Welt zu benutzen, sondern eben eine Fantasiesprache, die dabei hilft noch mehr Atmosphäre aufzubauen."

4Players: NieR als Spiel ist extrem verknüpft mit ihrer Musik: Wie ist es ihnen gelungen, dass die Stücke so gut zur Spielwelt passen. Hatten sie beim Komponieren schon das Spiel nebenher laufen oder wie dürfen wir uns den Prozess vorstellen?
Keiichi Okabe: "Ich war seit der Prototyp-Phase ein vollwertiges Teammitglied der NieR-Replicant-Entwicklung. Es gibt also Lieder, die erschaffen wurden, bevor das Spielsystem oder die Grafik feststanden. Ich hatte da also kein Spiel vor Augen, als ich diese Stücke komponierte - was dann natürlich nicht gerade wenig Trial & Error nach sich zog. Nach einer längeren Pause wurde mir mitgeteilt, was tatsächlich im Spiel steckt und welche Art von Liedern man dafür haben möchte. Dieser teils schmerzhafte Prozess wiederholte sich - und ich habe dann in späteren Phasen früher komponierte Lieder angepasst, damit sich das Gesamtbild trotzdem ausbalanciert anfühlt. Gleichzeitig war ich während der gesamten Kompositionsphase aber in regem Kontakt mit Yoko-san - ich habe also nicht nur Wünsche ausgeführt, sondern war in der Lage, ein gutes Gefühl zu entwickeln für die Richtung, in die das Spiel geht - vielleicht passt die Musik deshalb so gut dazu."

Kommentare
Heinrich Heine

Davon können sich viele eine Scheibe von abschneiden. Ein Künstler sollte entwickeln dürfen, was auch immer er für richtig hält, ohne jegliche Einmischung von Fans oder Publisher!
Klar, darf man sich dann nur nicht beschweren, wenn es niemand kauft. Bzw. es generell Feedback bekommt, das man dann nicht versteht. Denn Feedback kann der Kunde wiederum machen wie er möchte.
Nicht jeder Künstler, Spieldesigner oder Komponist besitzt die Klasse denkwürdige Werke zu erschaffen, die selbst nach Jahrzehnten in Erinnerung bleiben. Nur eine sehr geringe Zahl bleibt über die Jahre erhalten.

Ist es beim Fußball nicht auch so? Wie viele träumen davon in die 1. oder 2. Liga zu kommen. Fangen als Kinder mit 6 Jahren oder früher im Jugendverein zu Spielen. Steigen mit viel Mühe vielleicht in einer Amateurliga auf und dann...?, hat man nie wieder was von dem denjenigen gehört. Von 100% bleibt nicht mal 1% übrig.

Feedback, kann man vielleicht bei Fußball äußern, nicht so aber bei der Kunst (Spiel, Film, Musik, Theater). Ein Künstler hat sich der Kunst komplett zu unterwerfen. Das ist aber fast bei niemandem möglich, weil entweder das Budget klein ist und die Ressourcen nicht oder nur gering vorhanden sind oder der Publisher sagt wo es lang geht.

Aber eines darf man schon: Seine Meinung äußern, sie aber nicht als Wunsch oder Befehl darstellen!

vor 3 Jahren
Ryan2k22

Davon können sich viele eine Scheibe von abschneiden. Ein Künstler sollte entwickeln dürfen, was auch immer er für richtig hält, ohne jegliche Einmischung von Fans oder Publisher!
Klar, darf man sich dann nur nicht beschweren, wenn es niemand kauft. Bzw. es generell Feedback bekommt, das man dann nicht versteht. Denn Feedback kann der Kunde wiederum machen wie er möchte.

vor 3 Jahren
Heinrich Heine

Yoko Taro: "Man kann es ohnehin nicht allen recht machen - daher entwickle ich nur Spiele, die mir geben, was ich vom Medium erwarte."

Davon können sich viele eine Scheibe von abschneiden. Ein Künstler sollte entwickeln dürfen, was auch immer er für richtig hält, ohne jegliche Einmischung von Fans oder Publisher!

Ein Zitat von Klaus Kinski: "Es geht nicht um die Rechte eines Publikums, ich hab die Möglichkeit was zu sehen"

vor 3 Jahren
Alex_Omega

Nier: Automata ist mal ganz locker DAS Game der letzten Generation gewesen. Kein Spiel nutzt die individuellen Mechaniken des Mediums besser aus. Das ist ein Spiel, wie es auch wirklich nur als Videospiel funktioniert

vor 3 Jahren