Tokyo Game Show 2006: TGS: Ken Kutaragis PS3-Vision

Tokyo Game Show 2006
22.09.2006 04:41, Jörg Luibl

TGS: Ken Kutaragis PS3-Vision

Sony-Chef Ken Kutaragi hat die Tokyo Game Show gerade mit seiner Rede auf Kurs gebracht: "Next Generation Entertainment Created by the PS3" hieß seine Keynote-Speech. Zunächst lief ein knackiger Trailer mit neuen Szenen aus Ridge Racer  7, Virtua Fighter 5, Mobile Suit Gundam sowie Final Fantasy XIII. Vor allem Letzterer konnte mit wunderbaren Szenen überzeugen, aber das Publikum war scheinbar nicht begeistert. Nachdem Kutaragi in die Menge fragte "How do you like that?", gab es nur verhaltenes Klatschen.

Vor prall gefülltem Saal und blitzenden Kameras referierte Kutaragi dann über den "Supercomputer" PS3, den er bereits im Jahr 2000 mit seinen Internet-, Media- und Downloadfähigkeiten angekündigt hatte. Wie schon Microsoft und Nintendo verwies auch Sony darauf, seine Versprechen gehalten zu haben - auch wenn das für europäische Pressevertreter aufgrund der Verschiebung der PS3 auf März einen schalen Beigeschmack hatte.

Aber die Rede war höchst interessant. Dabei zeigte sich Kutaragi überraschend visionär, verwies sogar auf die Träume fantastischer Welten in seiner Kindheit und die Chancen, die unsere vernetzte Welt noch bieten wird: Er wollte schon immer in seinem Wohnzimmer sitzen und von dort aus eine echte Welt erforschen - das Spiel Afrika scheint als virtuelle Safari mit Fotorealimus in diese Richtung zu gehen, denn es lief sicher nicht ohne Grund als Trailer am Ende der Rede.

Die hatte es in sich: Statt trockener finanzieller Bilanzierung oder politischer Seitenhiebe auf die Konkurrenz gab es mitunter an Science-Fiction erinnernde, aber dennoch unheimlich interessante Prognosen - um so angenehmer war es, das die komplett auf Japanisch gehaltene Rede ins Englische übersetzt wurde.

Worum ging es? Um die Vision, dass es irgendwann ein frei zugängliches globales Netz geben wird, in dem z.B. alle Spiele-Entwickler ihre Daten auf Servern anbieten. Der User könnte irgendwann von Zuhause aus nicht nur passiv den Zustand der Entwicklung verfolgen, sondern auch aktiv Inhalte auf diese Server hochladen, um persönlichen Einfluss auf das Spieldesign zu nehmen. Ähnlich wie personalisiertes Shopping oder Reisen sieht Kutaragi am Ende seiner Vision eine Art personalisiertes Gaming.

Diese große vernetzte Spielewelt, die er sich betont frei zugänglich für alle vorstellt, hätte noch einen anderen Nutzen für Entwickler: Man könnte sich die teure Recherche und das Reisen sparen, wenn man z.B. in diesem Netzwerk auf bereits gespeicherte Ressourcen wie Landschaften, Tiermodelle oder technische Autofakten zurückgreifen könne. Er stellt sich eine Art kollektive Datenbank vor, die sowohl den Up- als auch Download für alle Beteiligten ermöglicht, eine Art Spiele-Internet. Die gewonnene Zeit und das Geld könnten Designer dann in die Kreativität und Innovationen stecken.

Das waren die beiden Zauberworte, die Ken Kutaragi immer wieder nutzte. Er betonte, dass er die Gamedesigner, die er übrigens mit dem deutschen Wort "Meisters" bezeichnete, vor allem aufgrund ihrer Ideen schätze. Er hat in letzter Zeit allerdings sehr viele Nachfolger und Plagiate in der Spielwelt gesehen - die Entwickler machen zu viele einfache Spiele, die Leute kaufen allerdings auch gerne einfache Spiele und bleiben passive Konsumenten, die ihre Ideen gar nicht einbringen können. Hier will er als Geschäftsführer von Sony Computer Entertainment ein Warnsignal aussprechen und die Weichen für Kreativität setzen - auf beiden Seiten.

Ziel sei es, wieder innovative Trends zu setzen. Und hier hat man sich mit der PS3 ein langfristiges Ziel gesetzt. Dreh- und Angelpunkt ist die Vernetzung der Systeme und Spielwelten, die zu ganz neuen Entwicklungen führen könnten. Noch seien allerdings die Bandbreite und das Internet nicht so weit, um die Power der PS3 voll auszunutzen oder die Vision eines Users, der selbständig Daten per Digikamera, Mobiltelefon oder Computer auf Entwicklungsserver lädt, zu realisieren. Trotzdem will Sony die Türen in diese Zukunft mit der neuen Konsole aufstoßen. Und nicht nur diese: Ken Kutaragi kann sich gut vorstellen, dass auch die Medizin, z.B. die Bekämpfung einer Krankheit wie Alzheimer, von der endlos vernetzbaren Zellstruktur der PS3 profitieren kann.

Alles noch Zukunftsmusik, aber die ist laut Kutaragi "with your support" eine glückliche. Und er hatte für Amerikaner und Japaner am Ende noch eine Überraschung parat: Japaner werden definitiv unter 50.000 Yen (ca. 335 Euro) für die PS3 zahlen und alle Käufer der günstigeren PS3-Variante könnten eine Überraschung erleben, wenn sie beim Öffnen ihre Konsole die volle HDMI-Technik entdecken. Die soll entgegen erster Ankündigungen drin sein.