Allgemein: Interview: Pfeiffer über Killerspiele

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24.11.2006 09:22, Jörg Luibl

Interview: Pfeiffer über Killerspiele

Ohne Spiele keine schlechten Noten? Ohne Spiele kein Amoklauf? Spiele wie Kinderpornographie behandeln? USK abschaffen, harte staatliche Kontrolle erschaffen und bestimmte Spiele gleich ganz verbieten? Die Kollegen von Krawall haben ein aufschlussreiches Gespräch mit Dr. Christian Pfeiffer (Kriminologisches Forschungsinstitut Hannover) zur aktuellen Killerspiel-Debatte geführt. Die Antworten lesen sich wie eine Achterbahnfahrt durch Sachlichkeit und Absurdität, durch Wissenschaft und Weltfremdheit. Hier die verkürzten Highlights:

Krawall.de: Nach dem jüngsten Amoklauf ist die Debatte rund um die Killerspiele erneut aufgeflammt. Zu Recht?

Prof. Pfeiffer: Das ist ein positiver Nebeneffekt dieser grässlichen Geschichte. Freilich verkürzt die Politik dies beträchtlich, denn die Verbotsforderung betrifft ja rechtlich nur Spiele, die vom Gewaltexzess her beispielsweise in die Nähe kommen von einem Pornofilm, bei dem real ein 13-jähriges Mädchen vergewaltigt wird und der Film anschließend für 4000 Euro ins Internet wandert. Das wird dann zu Recht vom Gesetz unter Strafe gestellt. In dieser Dimension bewegt sich unser Strafrecht, und nur wenige Computerspiele erreichen dieses abstruse Ausmaß an Brutalität. (...)

Krawall.de: Verständnisfrage: Das klingt für uns, als würden Sie einzelne Computerspiele auf einem Niveau sehen mit Kinderpornographie?

Prof. Pfeiffer: Ja. Diese Spiele sind aber gegenwärtig schon nach §131 Strafgesetzbuch strafbar. (...)

Wir dürfen nicht akzeptieren, dass wir -auch nicht spielerisch- Menschen in die Rolle bringen, wo sie als Schutzgelderpresser agieren, Frauen von hinten das Messer durch die Gurgel ziehen oder wie in -GTA San Andreas- als Zuhälter ihr Geld verdienen. Alles indiskutabel. Spiele, die derart unmoralische, ethisch nicht akzeptable Verhaltensweisen prämieren, würden bei mir alle vom Markt verschwinden.

Krawall.de: Das heißt, hätte er [der Amokläufer von Emsdetten] die Computerspiele nicht gehabt...

Prof. Pfeiffer: ...wäre er mit Sicherheit kein Amokläufer geworden. Früher hatten wir Amokläufe nur durch Erwachsene. Heute haben wir die Entwicklung, dass immer häufiger Jugendliche das machen. Ich denke, die Wahrscheinlich ist groß, dass er seinem Ärger auf anderem Wege Raum gegeben hätte. Vielleicht auch aggressiv, aber das ist natürlich nur eine Hypothese - genauso wie meine ganze Antwort jetzt selbstverständlich hypothetischen Charakter hat. Man muss sich vor Augen halten: Sämtliche Amokläufer unter 20 Jahre, die wir in der letzten Zeit sehen mussten, sind massiv durch Computerspiele beeinflusst gewesen. Sie haben Handlungsmuster nachempfunden, die sie als attraktiv erlebt haben, sind also quasi auf den Spuren ihrer Computerspiele unterwegs gewesen.