Gothic 3: "Fehler von Gothic 1 wiederholt"

Gothic 3
24.04.2007 13:59, Julian Dasgupta

Gothic 3: "Fehler von Gothic 1 wiederholt"

Auf der Quo Vadis 2007 Konferenz hielt Ralf Marczinczik, unterstützt vom für Community und Soundtrack verantwortlichen Kai Rosenkrantz, einen Vortrag über die Art-Direction von Gothic 3 (ab 9,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) . Den Entwicklern, die sich auch schon in mehreren Forenposts für den Zustand der Releaseversion des Spiels entschuldigt hatten, war es ein Anliegen, auch über jene Dinge zu reden, die in der Produktion nicht geklappt hatten.

Und so eröffenet Piranhas Art Director seine Präsentation auch kurz und knapp: "Bei Gothic 3 haben wir alle Fehler wiederholt, die wir seinerzeit bei Gothic gemacht hatten." Man sei selbst überrascht gewesen, wie gut sich das Spiel dennoch verkauft habe, auch hätten sie "viele Preise bekommen, von denen wir einige eigentlich nicht verdient haben."

Die Hauptwurzel des Übels dürfte die parallele Entwicklung von Technologie und Spiel gewesen sein. Hatte man Gothic 2 relativ effizient in kurzer Zeit produzieren können, da man auf einer ausgebauten Version der ersten Engine sowie den bereits bestehenden Tools aufbauen konnte, musste man beim dritten Teil wieder von Grund auf anfangen.

Die ursprüngliche Ansage der Programmierung sei gewesen, dass sich die Grafiker um die Polygonzahlen (Poly-Count) keine Sorgen machen müssten. Und dementsprechend detailiert ging man dann vor. Die ersten Häuser hatten einen Poly-Count von 10.000, 20.000 oder mehr gehabt. Was bei einer kleinen Siedlung wohl schon problemos ausgereicht hätte, um die Engine in die Verzweiflung zu treiben, auch hatten die Coder mittlerweile ihre originale Angabe revidiert.

Auch das modulare System, mit dem man Frisuren und Helme auf die Köpfe der Charaktere montieren wollte, funktionierte nicht wie eigentlich angedacht. Das Endergebnis sah extrem unnatürlich und somit unbrauchbar aus. Apropros Haarpracht: die Darstellung von Haaren und Fell ließ sich trotz längerer Bemühungen nicht so umsetzen, wie man sich das eigentlich ursprünglich gewünscht hatte. Was die hohe Glatzkopfquote sowie den Mangel an Charakteren mit längeren Haaren erklärt.

Unzufrieden ist man auch mit dem Intro. Ursprünglich sollte dieses nicht intern entwickelt werden, allerdings hatte sich Piranha Bytes im Austausch für eine andere Gegenleistung bereit erklärt, jene Arbeit selbst zu übernehmen.

Marczinczik führt weiter aus, dass auch innerhalb des Teams die eine oder anderen Hürde genommen werden musste. Im Angesicht des Umfangs der Produktion ist Piranha Bytes mit knapp 20 Mann eine recht kleine Firma, die flache Hierarchien habe. So sei es durchaus vorgekommen, dass es dann 20 verschiedenen Meinungen zu einem neuen Feature oder künstlerischen Vorschlag gegeben habe. Dem Entscheidungsprozess sei dies nicht gerade zuträglich gewesen.

Erst als die vielen Einzelteile dann in der Zeit vor dem Release nach und nach zu einem Ganzen zusammengefügt wurden, sei allen Beteiligten wirklich klar geworden, wieviel Arbeit man eigentlich noch vor sich hat. Sei es sonst eigentlich üblich, ein paar Tage Crunchtime, also ein extrem hohes Arbeitspensum, in der Masterphase durchmachen zu müssen, so haben die Piranhas schon Wochen vor dem Goldmaster rund um die Uhr an ihrem RPG werkeln müssen. Viele hätten in dieser Zeit für gewöhnlich 50 Stunden am Stück gearbeitet, wären dann für 8 Stunden nach Hause gefahren oder hätten in der Firma geschlafen, um dann wieder zur nächsten Schicht anzutreten.

Nach dem Release sei man vom Publisher angehalten worden, sich nicht zu öffentlich äußern. Allerdings habe sich das Team dann eine Woche nach der Veröffentlichung entschieden, sich im Forum zu den Bugs zu äußern. Dies habe dann auch einen Stimmungsumschwung bewirkt.

Besserung gelobt Marczinczik für die Zukunft. So sei die Teamstruktur mittlerweile angepasst worden, so dass Entscheidungen schneller getroffen werden können. Auch habe man kürzlich die Umstellung des Workflows abschließen können. Bei kommenden Produkten werde man wesentlich früher mit der Integration der einzelnen Komponenten anfangen, als das bisher der Fall gewesen war.

Der Art-Director plauderte auch sonst noch etwas über seine Arbeit an Gothic 3. Für die Orks hatte es diverse Entwürfe gegeben, beispielsweise gab es eine Variante, in denen er Elemente von Werwölfen eingearbeitet hatte. Man entschied sich jedoch später für einen Look, der eher in Richtung der Henson-Puppen ging. Auch habe er sehr viel Concept-Art entwickelt, die es zwar nicht ins finale Spiel geschafft hätte, aber sehr wichtig für das Team gewesen war, um zu sehen, in welche Richtung es gehen soll. So ergänzt Kai Rosenkrantz, dass die Stimmung der Artworks vielfach der Ausgangspunkt für seine Kompositionen gewesen waren.